Grundgesetz, Glatzenwarnung und Geliebte

Die drei Künstler sitzen mit Gitarre auf der Bühne und die besingen die schwierige Liebe zu älteren Männern.

Beim Auftritt der Lesebühne „Stuss mit Lustig“ auf der Bühne des Kreaforums in Morenhoven blieb kaum ein Auge trocken und das Spendenschwein für die Arbeit der örtlichen Bücherei nicht leer.

Schon zum zweiten Male waren Julius Esser, Johannes Engel, Gerd Engel und Pianist Dirk Plücker zu Gast im Kreaforum. Sie nennen sich „Stuss mit Lustig“, sind so etwas wie unsere vereinseigene Lesebühne und sitzen entspannt auf Barhockern nebeneinander. Was genau reihum vorgetragen wird, ist für alle stets eine Überraschung. Der Name der Lesebühne deutet an, dass es auch am 11. April in Morenhoven überwiegend humorvoll zuging.

Der Euskirchener Julius Esser tritt in ganz Deutschland vorwiegend bei Poetry Slams auf, führt Workshops durch und plant mit dem „Siechhaus“ in Zülpich die Hochzeitsfeiern anderer Leute. In Morenhoven hatte er eine dialogreiche Geschichte über die Parkbank-Begegnung mit einer schlagkräftigen älteren Dame in seiner Studienzeit als Kulturwissenschaftler im Gepäck („Ich kenne Sie aus dem Fernsehapparat.“) bevor er einen nachdenklichen und zugleich feierlichen Text zu 75 Jahren Grundgesetz zum Besten gab. Bei diesem Beitrag setzte der donnernde Applaus erst nach Sekunden andächtiger Stille ein.

Johannes Engel aus Erftstadt ist ein Meister der komischen Lyrik und ließ sich in seiner unnachahmlich verschmitzten Art vor allem über das ereignisreiche Eheleben von Herrn und Frau Mai aus. Je ein Gedicht von Kurt Tucholsky sowie Günter Detro passten thematisch zur  Beziehungsanbahnung. Detro, als Gast im Publikum, hat seine vorwiegend komische Lyrik nun in einem Buch versammelt. „Kein’ Mucks vom Fuchs“ werde am 4. Mai um 11:30 Uhr im Naturparkzentrum Himmeroder Hof vorgestellt, wie der bei Rheinbach Liest aktive Gerd Engel im „Werbeblock“ erläuterte. Der Rheinbacher war als Dritter an der Reihe und nahm eine Schlagzeile aus dem Generalanzeiger („Keine Glatze ist sicher!“) zum Anlass, über das eheliche Zeitungsleseverhalten am Frühstückstisch zu berichten und Klaus Grewe in der Schlusspointe vor Angriffen des Wüstenbussards zu warnen. Auch der Internetkauf eines angeblichen „Rockstar-Pullovers“, seine Bügel-Phobie sowie die erzwungene gesangliche Wiedergutmachung nach erfolgter satirischer Schmähung des Rheinbacher Ortsteils Oberdrees unterhielten die rund 60 Gäste. Dirk Plücker („dirkundich“, „Weilerfeld“) improvisierte gekonnt freie Intermezzi am Piano.

Die gute Laune auf der Bühne, die beim gegenseitigen Vorlesen entstand, schwappte schnell ins Publikum. Hausherr Klaus Grewe „befürchtete“ nach dem kurzweiligen Abend: „Nach den Gesetzen des Rheinlandes zu Tradition bzw. Brauchtum kommen die vier noch einmal wieder.“ Dem begeisterten Auditorium wurde als Zugabe noch eine Umdichtung des bekannten Ingo-Insterburg-Liedes geboten, in dem alle Swisttaler Ortsteile in je einem Zweizeiler vorkamen (z.B. „Ich liebte eine Mädchen in Straßfeld, wo man mit der Liebe sehr Maß hält.“).

Die Protagonisten der Lesebühne Stuss mit Lustig genießen den Schlussapplaus auf der Bühne
Die Lesebühne Stuss mit Lustig genießt den Schlussapplaus im Kreaforum

Unsere Kooperationsveranstaltung diente auch dem Zweck, Spenden für die Arbeit der Katholischen Öffentlichen Bücherei in Morenhoven zu sammeln. Am Ende befanden sich über 350 € in der aufgestellten Spardose, die nun für neue Medien ausgegeben werden können.